Tai Ji Quan | Chen Stil

Tai Ji Quan Chen Stil · Lao Jia Yi Lu | Ausschnitte der Ersten Form des Chen Stil

Tai Ji Quan | Kursinhalte

Die Form

Lao Jia Yi Lu | 老 架 一 路 | Die Tai Ji Form ist die Basis des Tai Ji Quan und Hauptinhalt der Tai Ji Quan Kurse und Seminare. Die Form ist eine festgelegte Abfolge von fließenden, ineinander übergehenden Bewegungen. Der Körper lernt Geschmeidigkeit ohne Anstrengung, sichere Erdung und Verwurzelung in der Bewegung, und Kraft, die aus der Entspannung kommt. Der Atem wird durch das Üben des Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan] allmählich tief, ruhig und lang, wie eine Welle. Der Geist lernt sich zu entspannen und gewinnt mit zunehmender Übung an Präsenz und Einsgerichtetsein.
Skript: Tai Ji Quan Chen Stil | Lao Jia - Yi Lu | Die 74 Figuren der Form

Dehn- und Lockerungsübungen

Rou Ruan Ti Cao | 柔軟體操 | Dehn- und Lockerungsübungen sind eine Serie von Übungen, die speziell für den Tai Ji Quan Chen Stil mit seinen Kreis-, Spiral- und Torsionsbewegungen entwickelt wurden. Bei dieser Übungsserie liegt der Schwerpunkt auf der Lockerung aller Gelenke und der Wirbelsäule durch Kreis- und Torsionsbewegungen, die grundlegende Voraussetzung ist für die Durchlässigkeit und Geschmeidigkeit, die im Tai Ji Quan angestrebt wird.

Stehübungen

Zhan Zhuang Gong | 站 桩 功 | lit. Stehen wie eine Säule | dienen zum Erlernen, Erspüren und Stabilisieren der korrekten Körperstruktur im Stand. Wir üben Song - das Lösen von Spannungen und Blockierungen im Körper, das Sinkenlassen des Beckens und das Verwurzeln mit den Füßen. Der Atem vertieft und entspannt sich allmählich, und der Geist kommt zur Ruhe und sammelt sich.

Übungen für Seidenhände

Chan Si Gong | 缠 絲 功 | Seidenhände sind typische Basisübungen des Tai Ji Quan im Chen Stil. Chan Si bedeutet wörtlich den Seidenfaden vom Kokon abwickeln und auf eine Spule aufwickeln. Chan bedeutet aufwickeln. Si, der Seidenfaden, steht für das Zarte und Feine und gleichzeitig das Feste und Unzerstörbare und auch für das Endlose. Chan Si ist also Metapher für die sozusagen endlosen Kreis- und Spiralbewegungen der Hände und Arme, zart und fest zugleich.
Die Übungen für Seidenhände trainieren und verfeinern die grundlegenden Bewegungsabläufe vor allem des oberen Körperbereichs, also die Kreis- und Drehbewegungen der Hände, der Arme, der Schultern und des Torsos, in festem Stand. In der Form werden die Seidenhände dann mit den Schritten, Drehungen und Sprüngen verbunden.

Push Hands

Tui Shou | 推 手 | Schiebende Hände sind Partnerübungen des Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan]. Im Kontakt mit seinem Übungspartner lernt man sich und den anderen spüren, erlebt im körperlichen Austausch die Wirkung der korrekten Haltung und Körperstruktur.

Aktivierung von Qi-Zentren und Meridianen

Wir lernen die wichtigsten Kraft-Zentren des Körpers kennen und sie zu aktivieren: das Dan Tian - Beckenzentrum, Dan Zhong - Herzzentrum, Bai Hui - Himmelstor, Hui Yin - Wurzelzentrum, Ming Men - Tor des Lebens, sowie Qi-Punkte [Akupunktur-Punkte], die für die Haltung und Körperstruktur im Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan] wichtig sind.

Atemübungen

Atmen in das Dan Tian | Inverses Atmen des Tai Ji Quan Wir lernen zuerst die tiefe Bauchatmung - Atmen in das Dan Tian - kennen, als Fortgeschrittene üben wir das Inverse Atmen, das heißt das Expandieren des Bauchraums mit der Ausatmung. Das weiche Inverse Atmen trägt ganz wesentlich zu Song - dem Sinken bei. Das explosive Ausstoßen des Atems unterstützt die explosiven Bewegungen des Chen Tai Ji Quan und ist Voraussetzung für das Fa Jing - die Entladung essentieller Kraft.

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Was ist Tai Ji Quan?

Tai Ji | 太 极 [Tai Chi] ist ein philosophischer Begriff aus dem Dao De Jing | 道 德 經 [Tao Te Ching] und bezeichnet das Urprinzip der zyklischen Wandlung von Yin und Yang, wie es sich in der Natur manifestiert in Tag und Nacht, Werden und Vergehen, Ein- und Ausatmen. Der Mensch steht dabei als Mitte zwischen Himmel und Erde; mit dem Kopf trägt er den Himmel, mit den Füßen wurzelt er in der Erde. Der Mensch ist also in dieser Metapher das energetische Prinzip zwischen Himmel und Erde - Geist und Materie.

Quan | 拳 [Chuan] bedeutet Faust, in diesem Kontext Kampfkunst.

Tai Ji Quan | 太 极 拳 [Tai Chi Chuan] bezeichnet also eine alte chinesische Bewegungskunst, die ihren Ursprung in den Kampfkünsten hat. Wesentlich ist dabei, das Starke und Feste durch das Sanfte und Nachgiebige zu überwinden. Der kämpferische Aspekt - Wu Shu - wird verbunden mit der Führung der inneren Kraft - Qi Gong. Das zugrundeliegende Bewegungsprinzip ist der Kreis.

Weiche, fließende Bewegungen voller Ausdruck und Schönheit aktivieren und harmonisieren das Qi, den Fluß der Lebensenergie. Auf schonende Weise werden die Elastizität von Sehnen und Muskeln, die Beweglichkeit der Gelenke und der Wirbelsäule trainiert. Da die innere Kraft anstelle von Muskelkraft gefördert wird, ist Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan] für jung und alt gleichermaßen geeignet. Durch seine essentielle Philosophie kann es als Meditation und als Lebensweg - Dao - beschritten werden, genausogut aber auch als Hobby betrachtet werden.

Der Chen Stil ist die ursprüngliche und älteste Form des Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan]. Lange wurde diese Bewegungs- und Kampfkunst als Geheimlehre ausschließlich innerhalb der Familie Chen weitergegeben. Erst vor etwa 150 Jahren wurden auch Außenstehende als Schüler akzeptiert. Dadurch entstanden neue, teilweise vereinfachte Tai Ji Formen, wie der Yang Stil, Wu Stil und Sun Stil.

Der Chen Stil zeichnet sich aus durch ausgeprägte Kreis- und Spiralbewegungen, sowie durch den plötzlichen Wechsel von langsamen, weichen zu explosiven Bewegungen. Das Sinken, Verwurzeln und Entspannen, körperlich wie geistig, sind dabei von grundlegender Bedeutung.

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Tai Ji Quan ist eine innere Kampfkunst

Wer Tai Ji Quan übt, wird
geschmeidig wie ein Neugeborenes,
kraftvoll wie ein Holzfäller und
gelassen wie ein Weiser

Entspanntheit und Durchlässigkeit des Körpers, des Atems und des Geistes werden trainiert und nicht Muskelkraft, Reaktionsschnelligkeit und manchmal auch Gewaltbereitschaft, wie in den äußeren Kampfkünsten. Ein Grundprinzip des Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan] ist es, die Kraft und Bewegungsenergie des Gegners zu nutzen, und nicht wie in den harten Kampfkünsten Kraft gegen Kraft, hart gegen hart zu setzen. Ziel ist es, den Gegner genau dorthin zu lenken, wohin er seine eigene kinetische Energie richtet, um ihn auf diese Weise zu entwurzeln.

Letztlich geht es im Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan] aber nicht um den Kampf mit einem äußeren, einem physischen Gegner, sondern um den Kampf mit dem inneren Gegner. Es geht um das Lösen von körperlichen, emotionalen und geistigen Blockaden und Verspannungen, auch um die Befreiung des Atems. Das Ziel ist Achtsamkeit und Präsenz, und das nicht nur beim Üben von Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan], sondern vor allem im ganz normalen Alltag.
Die chinesische Philosophie nennt das:

Wu Wei | 無 爲 | Das Nicht-Handeln

Das Nicht-Handeln bzw. Nicht-Eingreifen in allen Lebensbereichen erscheint uns hier im Westen zunächst utopisch und weltfremd. Es beruht auf der Einsicht, dass das Dao | 道 [Tao] der Weg, welches als Ursprung und Ziel aller Dinge angesehen wird, aus sich selbst heraus zum Ausgleich aller Kräfte und damit immer zur optimalen Lösung führt. Das Tun, das Handeln, das Eingreifen ist für Laozi ein absichtliches Abweichen vom natürlichen Gleichgewicht durch menschliche Überheblichkeit. Jede Abweichung hat darum eine absichtslose Gegenbewegung zur Folge, die das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen sucht.

Laozi | 老子 [Laotse] sagt dazu: Indem der Mensch in einer Weise handelt, die spontan den natürlichen Gegebenheiten entspricht, greift er nicht in das Wirken des Dao ein und wählt damit den segensreichen Weg. Ein Mensch, so sagt Laozi, der das absichtliche Handeln, das Eingreifen mit einem bestimmten Ziel aufgibt, der ist nachgiebig und weich. Er stellt sich an die unterste Stelle und erlangt dadurch den ersten Platz. Weil er weich und biegsam ist wie ein junger Baum, überlebt er die Stürme der Zeit. Weil er nicht streitet, kann niemand mit ihm streiten.

Wu Wei, das Nicht-Handeln, die Absichtslosigkeit, die Durchlässigkeit, sowohl körperlich wie auch geistig, ist die Basis des Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan]. Wu Wei, und das ist ganz essenziell, bedeutet nicht, keinen eigenen Standpunkt zu haben, ganz im Gegenteil, wie im Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan] ganz deutlich wird: Der feste Stand, die eigene Position, ist die Grundvoraussetzung sowohl im Tai Ji Quan [Tai Chi Chuan], im Kampf, in der Verteidigung, genauso wie im richtigen Leben, für eine durchlässige Kampfeinstellung ebenso wie für eine absichtslose Lebenshaltung. Aus der eigenen, festen und gesicherten Position heraus ist leicht den anderen in seinem Anders-Sein, seinem Anders-Wollen anzunehemen und zu akzeptieren.

Die 3 Bedingungen des Tai Ji Quan

Solide wie ein Berg,
nicht zu greifen wie das Wasser
und leicht wie eine Feder

Solide wie ein Berg bedeutet, in jeder denkbaren Situation fest verbunden und verwurzelt mit der Erde, dem Boden zu sein - und das gilt sowohl im physischen wie auch im energetischem Sinn, das heißt im Bewustsein der eigenen Kraft und Stärke.

Nicht zu greifen wie das Wasser bedeutet in seiner Bewegung in ständigem Fließen zu sein, mit dem Körper und mit dem Geist, vollkommen durchlässig, nicht zu greifen und somit unangreifbar.

Leicht wie eine Feder bedeutet zum einen sich mit Leichtigkeit und ohne Anstrengung zu bewegen und keinen Widerstand zu bieten, zum anderen ist es eine Metapher für die Leichtigkeit des Geistes, für die vollkommene Präsenz.